Am gestrigen Abend fand eine wichtige Sitzung des Jugendamtselternbeirats (JAEB) Essen statt. Gemeinsam mit dem Leiter des Jugendamts, Herrn Bluhm, dem Abteilungsleiter für den Bereich „Jugendhilfe“, Herrn Guder, und seinem Mitarbeiter Herrn Schwank haben wir uns intensiv über die anstehenden Veränderungen im Kita-System ausgetauscht. Ein zentrales Thema war dabei die geplante Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) in Nordrhein-Westfalen.

Die Ausgangslage: Warum braucht es eine Reform?

Trotz erheblicher Anstrengungen in den letzten Jahren – einem deutlichen Ausbau der Betreuungsplätze und einer Versechsfachung der Landesmittel – steht das Kita-System vor großen Herausforderungen: Fachkräftemangel, steigende Kosten durch Inflation und Tarifsteigerungen sowie strukturelle Schwächen führen zu einer Überforderung des Systems. Die Folge: mangelnde Verlässlichkeit für Eltern, Überlastung der Fachkräfte und Unsicherheit für Träger und Kommunen.

Die Erkenntnis von Land, Kommunen und Trägern: Mehr Geld allein reicht nicht aus. Es braucht strukturelle Reformen, um das System wieder stabil und verlässlich zu machen.

Zeitplan: Wann kommt die Reform?

Die Reform soll frühestens zum 01.08.2027 in Kraft treten. Das Gesetzgebungsverfahren wird 2026 abgeschlossen. Aber: Bereits ab 01.01.2026 werden kurzfristig wirksame Maßnahmen greifen, die das System stabilisieren sollen.

Die wichtigsten Eckpunkte für Eltern

1. Mehr Verlässlichkeit der Betreuung

Das Hauptziel der Reform ist klar: Die Betreuung soll wieder verlässlicher werden. Durch verschiedene Maßnahmen – von Entbürokratisierung über Flexibilisierung bis hin zu finanzieller Stabilisierung – soll das gesamte System gestärkt werden.

2. Flexible Betreuungszeiten

Zukünftig können Betreuungszeiten in 5-Stunden-Schritten gebucht werden: 25, 30, 35, 40, 45 Stunden pro Woche und gegebenenfalls mehr. Dies ermöglicht Familien eine bessere Anpassung an ihre individuellen Bedarfe und Arbeitszeiten.

Wichtig: Die Erhebung von Beiträgen in bisher beitragsfreien Jahren bleibt dabei ausgeschlossen!

3. Kernzeiten mit garantierten Standards

Es wird eine Mindestkernzeit von 5 Stunden pro Tag eingeführt, in der hohe Personalstandards gelten müssen. Dies gewährleistet, dass in den Hauptbetreuungszeiten Bildung, Erziehung und Betreuung in gewohnter Qualität stattfinden.

Außerhalb dieser Kernzeiten (z.B. in Bring- und Holzeiten oder bei offenen Gruppenangeboten) erhalten Träger mehr Flexibilität beim Personaleinsatz, um auf den Fachkräftemangel zu reagieren.

4. Beitragsfreiheit bleibt bestehen

Eine zentrale Zusage: Die Beitragsfreiheit in den bisher beitragsfreien Jahren bleibt erhalten. Eltern müssen keine zusätzlichen Beiträge befürchten.

Maßnahmen zur Entbürokratisierung

Ein wesentlicher Baustein der Reform ist die Entlastung von Verwaltungsaufwand:

  • Vereinfachte Verwendungsnachweisprüfung: Die Prüfungsstufe bei den Landesjugendämtern entfällt ersatzlos
  • Zusammenlegung von Sonderförderungen: PlusKitas, Sprach-Kitas und Familienzentren sollen langfristig zusammengeführt werden. Das Programm „Kita-Helfer:innen“ wird ins KiBiz integriert
  • Vereinfachung der Planungsgarantie: Der hohe Verwaltungsaufwand soll erheblich reduziert werden
  • Weniger Dokumentationspflichten: Alle bestehenden Berichts- und Dokumentationspflichten werden kritisch überprüft mit dem Ziel spürbarer Entbürokratisierung

Ziel ist es, dass Erzieher:innen mehr Zeit für die Kinder haben und weniger Zeit mit Verwaltung verbringen müssen.

Personal- und Qualifikationsoffensive

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, investiert das Land massiv in die Personalgewinnung und -qualifizierung:

  • Mindestens 50 Millionen Euro jährlich zusätzlich für die Qualifizierung von Kita-Personal
  • Verbesserte Ausbildungsförderung: Die praxisintegrierte Ausbildung für Kinderpfleger:innen und Erzieher:innen wird ausgebaut, Fördersätze werden erhöht
  • Bessere Praxisanleitung: Um die hohen Abbruchquoten bei Auszubildenden zu senken, erhalten Kitas Pauschalen für die Praxisanleitung
  • Neue Qualifizierungswege: Förderung der Anschlussqualifizierung für Kindertagespflegepersonen

Finanzielle Stabilisierung

Das Land NRW nimmt erhebliche finanzielle Mittel in die Hand:

  • 200 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr ab 01.08.2027 zur dauerhaften Erhöhung der Kindpauschalen
  • Frühere Ausgleichszahlungen: Personalkostensteigerungen werden bereits ab dem 01. Januar eines Jahres (statt wie bisher ab August) ausgeglichen
  • 1,5 Milliarden Euro Kita-Investitionsoffensive in den kommenden Jahren für bauliche Maßnahmen und Infrastruktur
  • Stabilitätsgarantie: Das bisherige Niveau der Kindpauschalen wird garantiert, auch wenn sich die Anforderungen ändern

Mehr Flexibilität für Träger

Um auf den Fachkräftemangel und unterschiedliche Bedarfe vor Ort reagieren zu können, erhalten Träger mehr Handlungsspielräume:

  • Flexibilisierung der Gruppengrößen: Mögliche Abweichungen nach oben werden um ein bis zwei Kinder erweitert
  • Neue Kita-Formel: Innerhalb von fünf Jahren soll eine rein kindbezogene Pauschale entwickelt werden, die nur noch Alter, Betreuungsumfang und besonderen Betreuungsbedarf berücksichtigt – nicht mehr die bisherigen starren Gruppenformen
  • Innovations- und Erprobungsklausel: Jugendämter können in Abstimmung mit Trägern innovative Modelle erproben

Wie geht es weiter?

Die Reform muss nun noch durch den Landtag und als Gesetz beschlossen werden. Der JAEB wird die Entwicklungen weiterhin eng begleiten und hat für Anfang 2026 einen weiteren Abstimmungstermin mit dem Jugendamt vereinbart.

Wir werden Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten und über weitere Entwicklungen informieren.

Fazit

Die geplante KiBiz-Reform ist ein umfassendes Paket, das an vielen Stellschrauben dreht: von Entbürokratisierung über Personalgewinnung bis hin zu finanzieller Stabilisierung. Ob alle Maßnahmen die gewünschte Wirkung entfalten werden, muss sich in der Praxis zeigen. Positiv ist jedoch, dass endlich erkannt wurde, dass strukturelle Veränderungen notwendig sind – nicht nur mehr Geld.

Für Eltern sind die wichtigsten Botschaften: Die Beitragsfreiheit bleibt, die Betreuung soll verlässlicher werden, und es wird massiv in Personal investiert. Flexiblere Buchungszeiten können vielen Familien künftig entgegenkommen.

Der JAEB wird die Umsetzung kritisch begleiten und sich weiterhin für die Interessen der Essener Familien einsetzen.


Weiterführende Links: